Literatur und Musik


LITERATUR

(Katharina Lorenz 2021, Bearbeitung: Katja Münchow 2022)

Der staatlichen Forderung nach Darstellungen vorbildlicher Helden der sozialistischen Gegenwart begegneten Autoren wie Brecht, Heym, Renn und Strittmatter unter Berufung auf die Autonomie der Kunst zunächst mit Unverständnis. Ein Generationswechsel und die 1. Bitterfelder Konferenz führten Anfang der 1960er dennoch zur Hinwendung bedeutender AutorInnen zu Themen aus der Arbeitswelt. Baustellen und Industriekombinate wurden zu Kulissen für literarische Auseinandersetzungen mit dem kollektiven Aufbruchswillen und dem gesellschaftlichen Fortschritt sowie den Problemen, Hoffnungen und Gefühlen der Werktätigen. Ganz im Sinne der Bitterfelder Idee und des kulturpolitischen Auftrags zur Verknüpfung von Kultur und Leben sowie der Bildung der ArbeiterInnen zu „allseits gebildeten sozialistischen Persönlichkeiten“ engagierten sich AutorInnen zudem als LeiterInnen in Zirkeln Schreibender Arbeiter. Diese Zirkel fanden großen Zuspruch und aus ihnen gingen mehrere professionelle SchriftstellerInnen hervor. Zahlreiche Veröffentlichungen in Broschürenform zeugen von der intensiven Auseinandersetzung der ZirkelteilnehmerInnen mit ihrer Gegenwart und ihrer Leidenschaft für Literatur.

Die Erfahrungen der SchriftstellerInnen in den Betrieben schärften allerdings auch den Blick für die Herausforderungen des Arbeitsalltags. Der daraus erwachsende kritische und durchaus öffentlich geführte Diskurs widersprach letztlich dem offiziellen, von vielen Funktionären vertretenen Kurs und führte spätestens mit dem »Kahlschlagplenum« von 1965 zur beginnenden Versandung des Bitterfelder Weges. Die Schreibzirkel dagegen bestanden fort und wirken mancherorts bis heute nach.

Einzelne Schriftsteller:innen im Porträt


MUSIK

(Katharina Lorenz 2021, Bearbeitung: Katja Münchow 2022)

Die musikalische Ausprägung des Bitterfelder Weges orientierte auf einen Sozialistischen Realismus, worunter insbesondere eine für alle Menschen verstehbare Musik verstanden wurde, und wirkte – wie in den anderen künstlerischen Bereichen auch – in mindestens zwei Richtungen. Auf der einen Seite wurden professionelle Musiker bzw. Komponisten angeregt, mit den Werktätigen in Kontakt zu treten. In Auftragswerken wie der Trassensinfonie von Hans Jürgen Wenzel (1970), der Kantate In memoriam Lenin von Gerd Domhardt (1970) oder dem Orchesterstück Bilder aus dem Kombinat von Günter Kochan (1976/77) verarbeiteten sie Ihre Einblicke in die Produktion und den Austausch mit den Werktätigen. Auf der anderen Seite steht die großzügige Förderung der Laienkunst. Professionelle MusikerInnen leiteten betriebliche Orchester, Chöre und sogar Komponistenzirkel, in denen ArbeiterInnen, Musiktheorie und Komposition erlernen konnten. Betriebsorchester und Chöre erfuhren durch den Bitterfelder Weg einen quantitativen und qualitativen Aufschwung sowie viel Anerkennung beispielsweise bei den Arbeiterfestspielen. Ihre Aufführungen bereicherten den Alltag in der DDR, oft in hoher Qualität. Weniger erfolgreich waren die Arbeiterkomponistenzirkel. Tatsächlich saßen in ihnen eher nicht ArbeiterInnen, sondern Angestellte oder externe Personen mit musikalischer Vorerfahrung. Kaum eine der Laienkompositionen erlangte überregionale Bekanntheit.

Einzelne Komponist:innen im Porträt